The brain man

Harry Keaton gewinnt in Las Vegas

Der Magier Harry Keaton hat sich hierzulande bereits einen Namen gemacht. Nun wurde er in Las Vegas in der populären Show „Fool Us“ ausgezeichnet. Eine neue Tour ist in Planung.
von Erk Walter

There is no Business like Show-Business. Nirgends gilt dieser Inbegriff des American Way of Life so unbedingt wie in Las Vegas, und nur in Amerika gibt es eine TV-Show der Zauberei. „Fool Us“ heißt die beliebte Sendung der beiden Magier Penn & Teller. Einmal pro Jahr können die besten Künstler der Welt ihre Tricks live präsentieren – und sogar einen Preis gewinnen. Heuer verblüffte der Frankfurter Harry Keaton Jury und Publikum gleichermaßen mit „Brainmagic“. Die bekannte Moderatorin Alyson Hannigan wirkte selbst mit und musste ihre Hand in eine Box stecken. Sie sollte den Zuschauerinnen und Zuschauern dann verraten, was sie gefühlt habe. Schier die Sprache verschlägt es allen, als statt eines Föns sich plötzlich ein Kaktus in dem Kasten befindet (unbedingt das Video auf YouTube anschauen!). „Greatest act we have ever seen“, konstatieren Penn & Teller verblüfft. Im August erhielt Harry Keaton nach seiner Performance im Rio Hotel von Las Vegas die Sieger-Trophäe.
Nach der Glitzerwelt in Amerika ist wieder Alltag in Offenbach. Ich komme im traurigsten Hauptbahnhof der Republik an und treffe Harry Keaton unweit davon in seinem magischen Labor. Von Magie ist wenig zu spüren in der Halle im Hinterhof, in der selten Gäste empfangen werden. Gerätschaften und Kisten stapeln sich bis zur Decke, zwei Stühle und ein Tischchen sind noch frei. Dort liegen ein paar Gummibänder, die er auf wundersame Weise teilt und wieder zusammenfügen kann. Harry fasziniert mich ein ums andere Mal mit seiner Close-up-Magie, obwohl ich ihm doch direkt auf die Finger schauen kann. Dass eine Cola-Flasche plötzlich durch den Tisch verschwindet und nun darunter in seiner Hand gehalten wird – großartig.
Wie wird einer Magier, der Geisteswissenschaften in Frankfurt studiert hat und mit summa cum laude promoviert wurde. Als ich die Urkunde in den Händen hielt, erzählt Harry, wusste ich, dass ich Zauberer werden möchte. Als Schüler schon hat er seine Klassenkameraden mit seinen Tricks unterhalten. So einer bekommt natürlich einen Zauberkasten zu Weihnachten und hat natürlich auch Glück. In Dreieich lebt ein italienischer Zauberer und nimmt den Bub unter seine magischen Fittiche. Mit Erfolg. Inzwischen kann Harry Keaton – sein Pass läuft übrigens auf seinen Künstlernamen – von seiner Zauberei leben; man kann ihn aber auch als Moderator oder Key-NoteSpeaker buchen. Als Politikberater hat er sich bis dato aber noch nicht verdingt; immerhin hat er schon einmal das Buch „Wie der Minister die Jungfrau zersägte. Die heimlichen Parallelen zwischen Politik und Zauberei“ (Frankfurter Allgemeine Buch) vorgelegt.
Im Moment ist Harry Keaton ganz mit der Vorbereitung seiner Show „The Brain“ beschäftigt, mit der er im nächsten Jahr auf Tour geht. Darin wird auch das Buch „Pi to 100.000 Decimal Places“ eine Rolle spielen. Ich solle ihm mal ein besonderes Datum nennen. Kein Problem: 26.11. Der Magier scheint die Ziffernfolge zu speichern, bittet mich, die Seite 185 aufzuschlagen, und verweist auf die zweite Zahl in der sechsten Zeile: eine 2. Es folgen 6 und 11. Harry kann mir sämtliche Zahlen bis ans Ende der Seite richtig nennen. Ich falle vom Stuhl vor Verblüffung und werde mir unbedingt seine Show „The Brain“ anschauen. Natürlich hat er dann auch seine „Fühlbox“ im Gepäck, mit der in Las Vegas begeisterte. Und natürlich weiß ein Profi wie er, was zu tun ist, wenn ein*e Zuschauer*in einmal anders reagiert als erwartet. Denn Magier können viel, aber nicht alles voraussehen. Nicht zuletzt darin liegt die Spannung ihrer Live-Auftritte.